Die Auswahl der richtigen Lautsprecher
Das Wichtigste in Kürze
Gute
Lautsprecher findet man nicht durch Lesen von
Testberichten oder Ranglisten, sie müssen zu den Möglichkeiten des Raumes und den persönlichen Präferenzen passen.
Vor dem endgültigen Kauf sollte man Lautsprecher
immer probegehört und mit anderen Lautsprechern verglichen haben.
Das
Probehören beim Händler ist wichtig, um aus einer großen Zahl von Lautsprechern wenige Favoriten auszuwählen.
Während man viele Produkte im Internet anhand von Beschreibungen, technischen Daten, Fotos und Empfehlungen auswählen und kaufen kann, ist dies bei Lautsprechern kaum möglich. Denn ihre wichtigste Eigenschaft, der Klang, lässt sich höchstens unzureichend in Worte fassen, und eine Fernübertragung ist auch nicht möglich, da der Ton immer nur durch wiederum andere Lautsprecher wiedergegeben werden könnte und dadurch stark verfälscht würde.
Wie also wähle ich die richtigen Lautsprecher aus?
Die meisten Einsteiger versuchen es zunächst mit Lesen:
Viele Käufer orientieren sich an Testberichten in Fachzeitschriften oder Online-Magazinen.
Diese sind jedoch zur Entscheidungsfindung nahezu völlig unbrauchbar! (Warum, wird
hier ausführlich beschrieben.)
Auch Rezensionen bei Amazon & Co. leiten den Kaufinteressenten eher in die Irre als zu helfen. Sehr viele Rezensenten haben keinen Marktüberblick, kaufen ein Produkt, das besser ist als ihre bisherigen und meinen dann bereits (auch durch Testberichte und andere Rezensionen beeinflusst), dieses Produkt sei das mit Abstand beste, das man fürs Geld kaufen könnte.
Erfahrungsberichte von erfahrenen Nutzern im Hifi-Forum sind hier schon wertvoller, aber auch diese können nur Indizien geben, denn jeder Lautsprecher muss zum Raum passen, und vor allem: Guter Klang ist Geschmackssache!
Daher nützt alles Lesen nichts, das ist überwiegend Zeitverschwendung, denn es gibt nur einen Weg, den richtigen Lautsprecher zu finden, und das ist Hören!
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, probezuhören:
Wenn man an einem bestimmten Produkt besonders interessiert ist, hat man nicht immer die Wahl: Manche Lautsprecher sind im Versandhandel überhaupt nicht erhältlich (vor allem recht hochpreisige, exklusive Produkte), andere wiederum ausschließlich dort (vor allem der Billigsektor sowie die Produkte der Direktversender, die keine oder nur sehr wenige Hörstudios für Endkunden haben).
Vorteile Probehören beim Händler:
Man kann nach einmaliger Anfahrt eine relativ große Anzahl Lautsprecher ohne viel Aufwand direkt miteinander vergleichen. (Viele Händler haben Umschaltboxen, die ein schnelles Hin- und Herschalten erlauben - zuhause müsste man immer erst die Verkabelung ändern.)
Man erhält potenziell(!) eine fachkundige Beratung
Die meisten Händler geben ernsthaften Kaufinteressenten nach dem Probehören im Geschäft auch die Favoriten zum Probehören für ein paar Tage mit nach Hause. (Unter Umständen wird hierfür eine Kaution oder eine kleine Gebühr in Form eines Gutscheins verlangt.)
Man kann direkt vor Ort Preisverhandlungen führen und dabei oft günstigere Preise als im Versandhandel erzielen.
-
Nachteile:
Die Beratung kann auch eine Fehlberatung sein; viele Verkäufer erzählen auch Unsinn, entweder unbewusst durch falsch angeeignetes Wissen oder bewusst, um die Kaufentscheidung zu beeinflussen.
Wer weit abseits der Ballungsgebiete wohnt, muss unter Umständen lange und teure Anfahrten in Kauf nehmen.
Besonders im Niedrigpreisbereich sind viele Produkte im stationären Handel gar nicht erhältlich.
Man ist an Öffnungszeiten gebunden und sollte zudem vorher Termine vereinbaren, da die Hörräume sonst stundenlang durch andere Kunden belegt sein könnten.
Vorteile Probehören zuhause vom Versandhandel:
Der eigene Raum beeinflusst den Klang sehr; zuhause kann man die Lautsprecher so hören, wie sie später klingen werden.
Man kann die Lautsprecher mindestens bis zu vier Wochen ausprobieren (14 Tage Widerrufsfrist plus 14 Tage Rücksendefrist, bei einigen Händlern noch länger)
Man wird nicht vom Verkaufspersonal beeinflusst.
Nachteile:
Man muss in aller Regel den Kaufpreis vorstrecken; damit setzt der direkte Vergleich vieler Lautsprecher entsprechende Liquidität voraus.
Der Einzelaufwand pro Lautsprecher ist sehr hoch (Auswahl des Versandhändlers, Bestellvorgang, Entgegennahme der Ware (oft nur Spedition mit Terminvereinbarung), Auspacken, Aufstellen, Anschließen, bei Nichtgefallen alles wieder säubern, sorgfältig einpacken, zurücksenden). Eine so breite Produktpalette wie beim Händler wird man nur mit sehr großem Aufwand zuhause testen können; man ist weitaus mehr auf das Glück angewiesen, dass unter den bestellten Lautsprechern zufällig der richtige dabei ist.
Die Rücksendekosten können seit 2014 dem Käufer auferlegt werden, was sehr viele Händler auch tun. Bei großen Lautsprechern können diese recht hoch ausfallen (Speditionsversand).
Unterschiedliche Lieferfristen können dazu führen, dass man die Lautsprecher nicht gleichzeitig hören und vergleichen kann.
Es besteht das Risiko, die Ware zu beschädigen und dann einen Teil des Kaufpreises nicht erstattet zu bekommen.
Preisverhandlungen sind schwieriger; die meisten Versandhändler haben feste Preise, die zudem oft (nicht immer) bei Lautsprechern wegen der hohen Retourekosten höher sind.
Wie höre ich probe?
Wichtig ist eine ruhige und realistische Hörumgebung. Damit scheiden die meisten Elektromärkte (Saturn, Media Markt etc.) bereits aus oder können allenfalls einen ersten Eindruck geben, weil sie nur selten einen separaten, ruhigen Hörraum bieten. In der Akustik einer großen Verkaufshalle mit zahlreichen Nebengeräuschen ist eine vernünftige Klangbeurteilung nicht möglich.
Im Handel gibt es im Prinzip zwei Methoden, Lautsprecher vorzuführen:
Die Lautsprecher sind alle fertig angeschlossen aufgebaut; mittels eines Umschalters (oft per Fernbedienung) kann man bequem und schnell zwischen ihnen umschalten und so direkt ohne großen Zeitverzug vergleichen. Hierdurch kann man sehr schnell eine große Anzahl Lautsprecher vergleichen. Nachteil ist jedoch, dass diese Lautsprecher meist sehr eng gestellt sind und zudem unterschiedliche Basisbreiten und Wandabstände haben. Diese Faktoren beeinflussen den Klang stark, so dass sie oftmals deutlich anders klingen als bei freier Aufstellung.
Die Lautsprecher werden vom Händler in einem weitgehend leeren Hörraum nacheinander frei aufgestellt und angeschlossen. Wenn man mehrere Modelle vergleichen will, muss man diese erst umstellen. Häufiges schnelles Wechseln ist so nicht möglich; jedoch wird die Charakteristik der Lautsprecher besser erkennbar und weniger verfälscht.
Die erste Methode eignet sich daher besser für eine grobe Erstorientierung unter den vielen verfügbaren Modellen, die zweite ist besser geeignet, um eine Endauswahl zwischen bereits näher ins Auge gefassten Lautsprecher zu treffen. Denkbar ist außerdem ein Blindtest.
Vollständige Heimkino-Setups in 5.1 oder mehr kann man nur bei wenigen Händlern probehören, und wenn, dann nur in geringer Auswahl, da eine Festinstallation relativ viel Platz wegnimmt und der laufende Auf- und Abbau sehr aufwändig wäre. Meistens sind nur die auch zum Stereohören geeigneten Lautsprecher verfügbar, zu denen man sich bei Bedarf evtl. noch einen Subwoofer stellen lassen kann (nicht immer möglich und sinnvoll).
Allzu schlimm ist das aber nicht, da man in der Regel davon ausgehen kann, dass wenn die Frontlautsprecher überzeugen, auch der Rest der Serie gut klingen wird. Lediglich beim Centerlautsprecher sollte man eventuell aufpassen und ihn sich vorführen lassen, da dieser im Heimkino mindestens so wichtig ist wie die Hauptlautsprecher.
Was soll ich mir anhören?
Zumindest wer auf seiner Anlage auch Musik hören will, sollte bevorzugt mit Musik probehören, selbst wenn die überwiegende Nutzung Film sein wird. Die allgemeine Erfahrung hat gelehrt, dass Lautsprecher, die bei Musik gut klingen, dies auch bei Filmen tun, mit der Ausnahme des Tiefgangs, falls kein Subwoofer eingesetzt werden soll.
Wer auch mit Filmen probehören will, sollte abklären, wie das möglich ist. Oft steht nur ein CD- und kein Blu-Ray- oder DVD-Spieler zur Verfügung. Wegen des Kopierschutzes lassen sich Filmausschnitte auch nicht so einfach zusammenschneiden und brennen.
Wichtig ist, sich für einen Termin beim Händler möglichst eigene Musik mitzubringen. Die Verkäufer haben meist nur besonders gut aufgenommene Musik vorrätig, die dann auf fast jedem Lautsprecher toll klingt. Die Enttäuschung, wenn man dann nach dem Kauf das erste Mal seine ganz normale dynamikkomprimierte Popmusik auflegt, ist vorprogrammiert.
Es empfiehlt sich, sich vor dem Termin ein oder zwei CDs zu brennen, auf die man eine eigene Musikauswahl brennt. Dabei sollte man folgendes berücksichtigen:
Man sollte die Musik gut kennen und mögen.
Es sollte eine Mischung aus guten (audiophilen) Aufnahmen und ganz normal bis schlecht abgemischter Musik sein. Einige Qualitäten wie Bühne, Auflösung, Dynamik etc. treten nur bei guten Aufnahmen zutage, dennoch sollte sich der Lautsprecher aber auch bei normaler Musik gut anhören.
Die Musik sollte einen möglichst breiten Mix der bevorzugten Musikrichtungen enthalten.
Die Musik sollte sehr klar aufgebaute Stücke enthalten, um zum Beispiel die Qualitäten von Bass, Mitten und Höhen getrennt bewerten zu können, aber auch einige sehr komplexe Stücke, etwa laute Orchestermusik mit vielen Instrumenten gleichzeitig, denn einige Lautsprecher können diese Komplexität nicht mehr adäquat wiedergeben.
Die Musik sollte Stücke mit gut aufgenommenem weiblichen und männlichem Gesang enthalten.
Die Musik sollte Stücke mit natürlichen akustischen Instrumente enthalten, um deren realitätsnahe unverfärbte Wiedergabe prüfen zu können (vorausgesetzt, man weiß überhaupt, wie sich so ein Instrument in der Realität anhört …).
Die Musik sollte Stücke mit deutlichen Tiefbassanteilen aufweisen, um testen zu können, wie tief der Lautsprecher spielen kann.
Ein paar Threads im Hifi-Forum beschäftigen sich mit Musik und Filmen, die sich zum Probehören eignen:
Die Lautstärke sollte meist so gewählt werden, wie man überwiegend hören möchte; allerdings sollte auch die besonders leise und besonders laute Wiedergabe ausprobiert werden.
Ich habe meinen Lautsprecher gefunden, und wo kaufe ich nun?
Was nicht nur bei Händlern, sondern auch bei den Nutzern des Hifi-Forums allgemein verpönt ist, ist Lautsprecher erst im stationären Handel probezuhören und dann im Versandhandel zu kaufen. Solange der Händler sich fair verhält und weder eindeutige Falschberatung leistet noch Mondpreise für die Ware aufruft, sollte man sich auch so fair verhalten und die Leistung der Vorführung im Ladengeschäft durch den Kauf honorieren.
Vorsicht vor vermeintlichen Schnäppchen!
Vor allem im unteren Preisbereich werden oft Lautsprecher zu vermeintlichen Schnäppchenpreisen angeboten - Angeboten wie „499 € statt 2499 €“ können viele Kunden kaum widerstehen, so dass sie die Lautsprecher oft sogar ungehört kaufen.
Meistens steckt hinter solchen Angeboten eine Verkaufsmasche nach dem Prinzip der Teppichhändler und Matratzenläden. Der angebliche vorherige Neupreis ist pure Phantasie. Einige Lautsprecherhersteller (sogar bekannte Marken) bieten einfache Einsteigerlautsprecher pro forma in einigen Vertriebskanälen oder für nur sehr kurze Zeit zu einem völlig überhöhten Preis an, um sie anschließlich mit fantastisch anmutenden Rabatten zu verhökern.
Lasst euch von angeblichen Normalpreisen nicht beeindrucken! Alles, was zählt, ist dass euch die Lautsprecher zum angebotenen Preis gefallen, nicht mehr und nicht weniger.
Selbst wenn der Lautsprecher wirklich besonders günstig ist: Was nützt einem ein vermeintlich günstiger Preis, wenn der Lautsprecher nicht zu eurem Geschmack oder zu den räumlichen Möglichkeiten passt? Ein Vegetarier kauft sich auch kein Steak, nur weil es gerade im Sonderangebot ist.
Und: Sollte euch jemals jemand Lautsprecher vom Lkw verkaufen wollen, womöglich noch mit der Story, dass keine Ladekapazität mehr vorhanden sei und der Verkäufer sie nun unter Schmerzen weit unter Wert verramschen müsste, ruft am besten sofort die Polizei … das ist eine beliebte Betrugsmasche, auch hier in Deutschland.