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Welche Leistung brauche ich?

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Watt-Angaben auf Verstärkern und Lautsprechern sind für Laien kaum vernünftig interpretierbar und meist irreführend; wer sich nicht tief in die Materie einarbeiten möchte, sollte diese besser komplett ignorieren.
  • Für ein kräftiges, dynamisches und unverzerrtes Klangbild auch bei hohen Lautstärken sind Lautsprecher mit hohem Wirkungsgrad / Kennschalldruck wesentlich wichtiger als leistungsstarke Verstärker.
  • 90 % der handelsüblichen Hifi-Lautsprecher erreichen mit 90 % der handelsüblichen Verstärker eine Lautstärke, die 90 % der Anwender völlig ausreicht. Wer also glaubt, nicht besonders laut hören zu müssen und gängige Standardware der üblichen Hersteller kauft, braucht sich mit dem Thema Leistung nicht zu beschäftigen.

Die Werbung für Verstärker und Lautsprecher stellt fast immer vor allem diverse Wattangaben in den Vordergrund. Viele Einsteiger ziehen daraus den Schluss, es handele sich um ein wichtiges Qualitätsmerkmal und kaufen daher Produkte mit möglichst hohen Leistungsangaben. Vor allem wenig vertrauenswürdige Billighersteller aus China machen sich das zunutze und werben mit gigantischen, teilweise vierstelligen Leistungsangaben, die mit der Realität nichts zu tun haben. Teure High-End-Verstärker hingegen haben laut Hersteller manchmal nur „mickrige“ 25 W.

Der Grund ist, dass es keinen einheitlichen Standard gibt, wie die Leistung ermittelt wird. Es gibt zwar diverse Prüfnormen, aber es bleibt jedem Hersteller überlassen, ob und welche er davon anwendet. Selbst innerhalb ein und desselben Herstellers werden die Werte oft nach ganz unterschiedlichen Verfahren und Parametern entwickelt.

Hinzu kommt, dass die Angaben bei Verstärkern auch nicht wirklich geeignet/ausreichend sind, um sich ein Bild von der tatsächlichen Dynamik und Laststabilität zu machen, weil hierfür noch zahlreiche andere Faktoren wichtig sind (siehe weiter unten).

Für die meisten Heimanwender mit nicht allzu hohen Ansprüchen ist es daher das beste die Wattangaben komplett zu ignorieren.

Fast alle Markenverstärker liefern an den meisten Lautsprechern ausreichend Leistung, um normale Pop- und Rockmusik auch in deutlich gehobener Zimmerlautstärke auf sehr hohem Niveau wiederzugeben. Nur bei Lautsprechern mit geringem Wirkungsgrad (Kennschalldruck weniger als 87 dB) muss man hier vorsichtig sein. Diese sind aber - mit Ausnahme der Lautsprecher von Nubert - bei den handelsüblichen Lautsprechern im niedrigen bis mittleren Preissegment selten.

Wer sich damit nicht begnügt und die Sache genauer angehen will, hat es nicht einfach. Die folgenden Ausführungen können dabei helfen.

Lautsprecher

Fangen wir mit dem einfacheren Thema an, den Lautsprechern. Hier finden sich oft Angaben wie „150/200 W“. Hierbei handelt es sich aber (außer bei Aktivlautsprechern) nicht um eine Leistung (denn die kommt vom Verstärker), sondern um die Belastbarkeit. Die Werte geben an, mit welcher Verstärkerleistung man die Lautsprecher betreiben kann, ohne dass sie Schaden nehmen. Diese Angaben haben aber nichts mit deren Klang oder mit der maximal möglichen Lautstärke zu tun! Wenigstens nicht direkt, denn welche Lautstärke mit einem Lautsprecher erzielbar ist, hängt vor allem von dessen Wirkungsgrad ab (einige Lautsprecher benötigen für dieselbe Lautstärke die 100-fache Leistung wie andere!) Zudem begrenzen starke Verzerrungen und unzureichende Membranfläche die mögliche Lautstärke meist mehr als die Belastbarkeit.

Natürlich ist eine hohe Belastbarkeit im Prinzip besser, aber sie sollte kein wesentliches Kaufkriterium sein, so lange man nicht regelmäßig Partys in Discolautstärke plant. Auch hier sind die Angaben letztlich nur Richtwerte. Es gibt kein einheitliches Verfahren zu ihrer Ermittlung und die Angaben sind nicht direkt vergleichbar.

Die meisten handelsüblichen Lautsprecher kann man lauter betreiben, als man normalerweise möchte, denn sie fangen an, hörbar unangenehm zu klingen, bevor sie kaputt gehen. (Darauf sollte man aber auch achten, also langsam lauter drehen und bei mehr als nur geringen hörbaren Verzerrungen Lautstärke sofort reduzieren!)

Verstärker

Bei Verstärkern wird die Sache noch komplizierter.

Theoretisch reichen für die meisten Lautsprecher schon wenige Watt, um in gehobener Zimmerlautstärke Musik zu hören. Man kann sich das einfach ausrechnen. Wenn ich eine mögliche Lautstärke von 100 dB erzielen will (das ist den meisten Menschen bereits deutlich zu laut), dann muss ich bei einem Lautsprecher mit einem Kennschalldruck von 90 dB die zehnfache Leistung liefern (10 dB Unterschied sind immer eine Verdoppelung der Lautstärke und benötigen die zehnfache Leistung, genaue Formeln und Zusammenhänge kann man gut bei Sengpielaudio nachlesen). Demnach würden bereits zehn Watt reichen, um richtig laut Musik zu hören.

Das stimmt auch - aber dennoch sind 10 Watt nicht unbedingt aureichend für hochwertigen Musikgenuss. Es handelt sich nämlich nur um Durchschnittswerte. Bei sehr dynamischer Musik, also Musik mit sehr schnellen und plötzlichen Unterschieden zwischen laut und leise, kann kurzfristig auch eine erheblich höhere Leistung erforderlich sein. Wenn die fehlt, klingt solche Musik etwas matter. Ob der Verstärker diese Leistung liefern kann, kann man aus den üblichen Leistungsangaben kaum erkennen.

Zum einen muss hier die Stromversorgung ausreichend sein, das heißt das Netzteil muss in der Lage sein, den nötigen Strom schnell genug zu liefern. Hierzu machen die Hersteller fast nie direkte Angaben; oftmals wird aber der maximale Stromverbrauch angegeben, der ein gutes Indiz darstellt. Auch das Gewicht des Verstärkers kann ein Indiz sein, denn die Stromversorgung macht einen Großteil davon aus. Allerdings ermöglichen stromsparende Class-D-Endstufen und Schaltnetzteile bei demselben Gewicht höhere Leistungen als Class-A/B-Endstufen und Ringkerntransformatoren, so dass dies nur begrenzt vergleichbar ist.

Zum anderen baut man in ordentliche Verstärker Speicherkondensatoren ein, die bei geringer Last Stromladung speichern und bei Dynamikspitzen schnell abgeben können, so dass der Verstärker mehr Leistung bringen kann, als das Netzteil liefert. Technische Angaben hierzu machen die Hersteller aber auch selten.

Klingt alles recht ernüchternd - denn wie soll man nun den Verstärker auswählen? In der Praxis ist das nicht ganz so schlimm, weil zum einen die meiste heutige Musik gar nicht so dynamisch ist (siehe Loudness War) und zum anderen die hörbaren Unterschiede auch nicht so dramatisch. Außerdem tun sich die üblichen Massenhersteller wie Yamaha, Onkyo, Pioneer etc. in ihrer jeweiligen Preisklasse nicht viel.

Nach wie vor haben Lautsprecher, Raum und Aufstellung den größten Einfluss auf den Klang.

Leistungsangaben

Wer sich den vorherigen Ausführungen zum Trotz dennoch mit den Leistungen von Verstärkern beschäftigen will, sollte wenigstens wissen, wie die Angaben zu interpretieren sind. Dazu helfen die folgenden Erläuterungen. Eilige sollten hier aber nicht weiterlesen, sondern sich lieber an den Ausführungen oben orientieren.

Wie eingangs bereits erwähnt sind die in der Werbung herausgestellten Leistungsangaben schwer vergleichbar. Je nach Darstellungsweise können bei realiter vergleichbarer Leistung die nominalen Angaben um ein Zigfaches abweichen - ohne dass der Hersteller wirklich „lügt“. Gerade billige No-Name-Geräte protzen oft mit gigantischen vierstelligen Wattzahlen, und leisten doch kaum mehr als andere Geräte mit Angaben im zweistelligen Bereich.

Wie sollten Leistungsangaben aussehen?

Sehr häufig werden Leistungen einfach nur mit „soundsoviel Watt“ angegeben. Solche Angaben sind nahezu wertlos. Um Leistungsangaben einigermaßen vergleichen zu können, sind einige Zusatzinformationen erforderlich, um sie überhaupt einordnen zu können. Diese sind:

  • Die (nominale) Impedanz, die bei der Messung zugrunde gelegt wurde. Üblich sind Angaben bei 4, 6 oder 8 Ohm, bei PA-Verstärkern auch 2 Ohm. Je niedriger die Impedanz, desto höher ist die Leistung, die der Verstärker abgibt - allerdings ist das Verhältnis nicht proportional. Bei vollständig laststabilen Verstärkern kann man die Leistungsangaben verschiedener Impedanzen ineinander umrechnen, in der Praxis gibt es da mehr oder weniger große Abweichungen.
  • Der Klirrfaktor: Hier gibt es leider sehr wenig Einheitlichkeit bei den Angaben; üblich sind Werte zwischen 0,07 % und 1 %. Der Klirr nimmt bei höheren Leistungen (nicht proportional) immer mehr zu, weswegen ein Verstärker A mit 100 W bei 0,1 % Klirr leistungsfähiger ist als ein anderer (B) mit 100 W bei 1 % Klirr, da A bei 1 % Klirr deutlich mehr als 100 W leisten würde.
  • Die Frequenz der Leistungsmessung. Teilweise werden die Leistungen nur bei einer Frequenz von 1 kHz ermittelt. In den Höhen und Bässen wird diese Leistung aber oft nicht erreicht, weswegen Leistungsmessungen, die sich über das gesamte Hörspektrum von 10 Hz bis 20 kHz erstrecken, wesentlich aussagekräftiger sind.
  • Die Anzahl der verwendeten Kanäle: Bei Stereoverstärkern, die fast ausschließlich mit zwei Lautsprechern betrieben werden, wird in aller Regel die Leistung beim Betrieb beider Kanäle angegeben. Bei AVR hingegen muss man etwas aufpassen. Die Angabe „7 x 140 W“ bedeutet nicht, dass der Verstärker im Extremfall 7 x 140 W = 980 W leisten kann, sondern sie wird meist im (praktisch nie vorkommenden) Einkanalbetrieb ermittelt, also mit nur einem angeschlossenen Lautsprecher. Jede einzelne Endstufe erbringt die angegebene Leistung, aber werden mehrere Lautsprecher angeschlossen, sinkt die Leistung pro Kanal, weil die zentrale Stromversorgung nicht genug Leistung bereitstellt. Für den Vergleich mit einem Stereoverstärker sollte man daher die (oft auch angegebenen) Leistungen im Zweikanalbetrieb heranziehen.
  • Die Signalform und Dauer, die der Messung zugrunde liegt. Die Leistung ist von der Form des Signals und der Dauer der Leistungsabgabe abhängig: Ein Rechtecksignal führt zu über 50 % mehr Leistung als ein Sinussignal. Musiksignale sind wesentlich komplexer, weshalb man in guten Leistungsmessungen meist ein Rosa Rauschen verwendet, eine chaotische Mischung aus allen Frequenzen des Hörsprektrums, aber mit konstantem Energiegehalt je Frequenz. Die Dauer steht damit in Zusammenhang, denn im Millisekundenbereich können Verstärker weitaus höhere Leistungen abgeben als über mehrere Sekunden hinweg, etwa so, wie ein normaler Mensch über 50 Meter weitaus schneller laufen kann als über einen kompletten Marathon. Signalform und Dauer werden fast nie direkt angegeben, sondern es wird (wenn überhaupt Angaben gemacht werden) entweder auf eine Prüfnorm verwiesen oder eine der im folgenden beschriebenen Bezeichnungen verwendet.

Signalformen und Bezeichnungen

Wie bereits erwähnt, sind Wattzahlen ohne nähere Beschreibung zu ihrer Ermittlung fast wertlos. Idealerweise wird eine der Prüfnormen angegeben; in der Realität ist das aber nicht oft der Fall. Verbreitete Angaben sind:

RMS-Leistung

Dies ist die ehrlichste und aussagekräftigste Angabe, weil sie sehr gut mit der tatsächlichen Leistungsfähigkeit bei der Musikweidergabe korreliert. Fast alle internationalen Prüfnormen setzen auf RMS. RMS steht für „Root Mean Square“ (deutsch: quadratisches Mittel), ein auf der Basis von Rosa Rauschen ermittelter Wert.

Sinus-Leistung

Hier wird mit einer reinen Sinuskurve gemessen, je nach Messung bei nur einer Frequenz oder breitbandig über das Hörspektrum. Die Werte einer breitbandigen Sinusmessung liegen nah bei denen, die sich nach dem RMS-Verfahren ergeben, bei einer reinen 1-kHz-Messung etwas darüber. Sie Sinusleistung ist weniger aussagekräftig als die RMS-Leistung, aber immer noch deutlich hilfreicher als die meisten anderen Angaben.

Peak-Leistung/Spitzenleistung

Die Peak-Leistung ist die Leistung, die eine Endstufe kurzzeitig (im Millisekundenbereich) abgeben kann, und immer um ein Mehrfaches höher als der RMS-Wert. Die Beliebtheit der Angabe ist eher in der Werbewirksamkeit zu sehen als in ihrer Aussagekraft. Sinnvoll ist sie lediglich als Zusatzangabe im Zusammenhang mit der RMS-Leistung: ein starkes Verhältnis Spitzen- zu RMS-Leistung lässt auf eine gute Impulsverarbeitung schließen.

Musik-Leistung

Dies ist ein veraltetes Messverfahren, was auf dem Gedanken basiert, dass Musik keine konstanten Pegel hat und deswegen die Leistung eines Systems deutlich höher sein kann als nach der Messung mit Sinus- oder RMS-Tönen. Die so angegebenen Wattzahlen sind grob gesagt etwa doppelt so hoch wie bei RMS-Messungen und daher eher der Favorit von Marketingabteilungen als von Technikern.

Nennleistung

Ein sehr unklarer Begriff, der unter Umständen der Verschleierung dient, weil man sich nicht auf eine Messverfahren festnageln lassen will. Im Zusammenhang mit Endstufen entspricht er jedoch meist etwa der RMS-Leistung.

PMPO-Leistung

PMP (Peak Music Power) und PMPO (Peak Music Power Output) sind Leistungsangaben, die überhaupt keine Aussagekraft besitzen. Sie werden meist von Billigherstellern verwendet, die sich um Seriösität nicht scheren und mit dicken Wattzahlen beeindrucken wollen. Frei ausgedrückt nach einem amerikanischen Blogger: Die PMPO-Leistung ist die RMS-Leistung multipliziert mit dem Alter der Großmutter des Werbetexters. Allein schon die Angabe dieser Leistung sollte Grund sein, das beworbene Produkt und dessen Hersteller fürderhin zu ignorieren.

Weitere wichtige Größen

Neben der Leistung der Endstufen sind noch zwei weitere Angaben relevant, die jedoch oft kaum zu ermitteln sind:

  • Die Leistung des Netzteils: Die dicksten Endstufen nützen nichts, wenn die davor liegende Stromversorgung zu schwach ist. Ein (leider nicht eindeutig vergleichbares und ausreichendes) Indiz hierfür ist die maximale Leistung des Netzteils. Diese findet man in den technischen Daten oft als „Stromverbrauch“ oder als Anschlusswert auf dem Typenschild an der Rückseite des Verstärkers.
  • Die Kapazität der Speicherkondensatoren: Verstärker haben zusätzlich zum Netzteil Speicherkondensatoren, aus denen kurzzeitig mehr Leistung abgerufen werden kann, als das Netzteil liefert. Je größer die Kapazität der Kondensatoren, desto größere Leistungsspitzen können sie abdecken. Leider findet man nur sehr selten Angaben hierzu in den technischen Daten. Aufschlussreich können aber Bilder vom Innenleben sein: Kondensatoren großer Kapazität sind auch physisch sehr groß.
  • Der Wirkungsgrad der Endstufen: Die beiden vorigen Angaben muss man immer im Zusammenhang mit dem Wirkungsgrad sehen. Je nach Bauweise schwankt dieser zwischen etwa 25 % (reine Class-A) und über 90 % (Class-D). Mit anderen Worten: Bei ineffizienten Class-A-Endstufen muss die Stromversorgung für dieselbe Ausgangsleitung etwa vier mal so Energie aufbringen wie für eine Class-D-Endstufe.

Wenig Bedeutung hat hingegen die Art des Netzteils: Ob einer der in High-End-Kreisen beliebten Ringkerntransformatoren verbaut ist oder ein modernes Schaltnetzteil, spielt für Leistung und Klang in der Regel keine Rolle.

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